DHB-Torhüterin Dinah Eckerle im Interview vor dem „Endspiel“ um die EM-Hauptrunde

Um 18 Uhr spielt am Mittwoch die Deustche Nationalmannschaft gegen Tschechien um das Weiterkommen in der Handball EM. Nationaltorhüterin Dinah Eckerle erklärt im Interview, worauf es jetzt ankommt.

Nach drei Großturnieren in der Reservistenrolle ist Dinah Eckerle bei dieser Europameisterschaft die Stammtorhüterin der deutschen Handball-Nationalmannschaft. Sowohl gegen Norwegen als auch gegen Rumänien stand die 23-Jährige von Beginn an zwischen den Pfosten; ihre Klasse zeigte sie bisher jedoch noch zu selten. "Ich bin, ehrlich gesagt, noch nicht so zufrieden mit mir selbst", zeigte sich Eckerle selbstkritisch. Im Interview sprach die Torhüterin der SG BBM Bietigheim jedoch nicht nur über ihre neue Rolle, sondern auch das anstehende "Endspiel" um die Hauptrunde gegen Tschechien (Mittwoch, 18:00 Uhr) und den Meisterschaftskampf in der Bundesliga.

Dinah, wie fällt deine Zwischenbilanz nach den ersten beiden EM-Spielen aus?

Wir haben im ersten Spiel gegen Norwegen zwei überraschende Punkte geholt, womit eigentlich niemand gerechnet hat - und die uns keiner mehr nehmen kann. Darüber sind wir sehr glücklich. Gegen Rumänien haben wir es dann leider nicht geschafft, an unsere Leistung anzuknüpfen und die Vorgaben des Trainers umzusetzen.

Wir wussten, dass Rumänien eine Top-Mannschaft aus Europa ist und wir hätten mit dem gleichen Engagement und der gleichen Spielweise auftreten müssen wie gegen Norwegen. Das ist uns nicht gelungen. Es ist natürlich schade, aber wir haben zwei Punkte und gegen Tschechien ist - wie wir im Voraus schon geahnt haben - das entscheidende Spiel. Darauf werden wir uns fokussiert.

Wenn du sagst, dass ihr die Vorgaben nicht umsetzen konntet - was war das größte Problem?

Im Angriff haben wir den Spielfluss und die Spielfreude, die wir gegen Norwegen hatten, nicht erneut auf die Platte bringen können. Rumänien hat extrem aggressiv gedeckt, das hat uns zu einfachen Fehlern verleitet. Wir haben auch in der Abwehr keinen guten Zugriff bekommen. Wir wussten, dass mit Cristina Neagu eine Welthandballerin aufläuft, aber mit ihren fünf Toren hatten wir sie, finde ich, eigentlich relativ gut im Griff. Eliza Buceschi hat uns mehr Probleme bereitet. Ich glaube zudem, dass wir nicht so eine Einheit waren wie gegen Norwegen - das hat uns am Ende gefehlt. Heute haben wir eine neue Chance und die müssen wir nutzen.

Wie bewertest du deine eigene Leistung?

Ich bin ehrlich gesagt noch nicht so zufrieden mit mir selbst. Natürlich habe ich mir vor dem Turnier viele Gedanken gemacht. Ich bin in einer neuen Rolle und möchte der Mannschaft natürlich so gut wie möglich helfen. Daher kann ich im Moment auch gar nicht zufrieden sein! Ich versuche jetzt weiterhin, an mit zu arbeiten, mich zu fokussieren und mich optimal auf die Spiele vorzubereiten. Gegen Tschechien wird es vielleicht einen Tick einfacher, weil wir die Spielerinnen besser kennen. Ich bin da sehr zuversichtlich, dass ich noch ganz gut ins Turnier komme.

Seit der WM 2015 in Dänemark bist du bei den Großturnieren dabei, hattest jedoch immer die Reservistenrolle. Inwiefern hilft dir diese Erfahrung nun in der neuen Rolle?

Ich habe immer mitbekomme, wie Clara und Katja (Clara Woltering und Katja Kramarczyk, Anm. d. Red.) mit der Situation umgegangen sind, wie sie sich auf die Spiele und die Spielerinnen vorbereitet haben. Das handhaben wir jetzt ähnlich und das hilft enorm; gerade, was Videobesprechungen angeht und die Art und Weise, auf die Merkmale der einzelnen Spielerinnen einzugehen. Natürlich ist es ein großer Unterschied, weil ich in dieser Rolle auch von Außen spürt, dass die Leute etwas erwarten.

Du bildest ein Gespann mit Isabell Roch. Wie funktioniert eure Zusammenarbeit?

Das läuft super. Isa und ich ergänzen uns gut; sie hat es gegen Norwegen super gemacht und uns den Sieg festgehalten. Wir unterstützen uns gegenseitig und sind da, falls die andere mal einen schlechten Tag hat. Mit Debbie Klijn als Torwarttrainerin sind wie ein super Gespann.

Bevor wir auf Tschechien eingehen, noch ein kurzer Seitenblick auf die Handball Bundesliga Frauen und den Meisterschaftskampf. Wie schätzt du eure Situation ein?

Bisher ist es sehr spannend, mit dem THC, uns und auch Metzingen, die ja erst zwei Minuspunkte haben. Ich glaube, dass es entscheidend wird, wie die Mannschaften nach der Pause in die Saison einsteigen. Zwischen Weihnachten und Neujahr werden ja auch immer mal wieder Punkte weggegeben. Es ist daher ganz wichtig, dass wir uns auf uns fokussieren und den Titelkampf weiter eng gestalten. Im Januar steht dann das Duell gegen den THC an und vielleicht wird das schon ein richtungsweisendes Spiel. Ich rechne aber damit, dass es bis zum Ende spannend bleibt.

Aus deiner Erfahrung in den letzten Jahren: Wie gestaltest du die Zeit zwischen Europameisterschaft und Bundesligastart?

Es ist ganz wichtig, dass man sich eine Woche Pause nimmt und den Handball auch mal beiseite legt, um den Kopf freizubekommen - zum Beispiel mit der Familie etwas unternehmen und die Weihnachtszeit so gut es geht genießen. Es ist zudem wichtig, sich zu sagen, dass EM oder WM Vergangenheit und abgehakt sind, wobei es natürlich ein Stückweit schwierig ist, alle auf einen Nenner zu bringen, weil einige positive und andere negative Erfahrungen mitbringen. Das müssen wir als Mannschaft hinbekommen.

Am morgigen Mittwoch steht nun ein „kleines Finale“ um die Hauptrunde gegen Tschechien an. Worauf wird es ankommen?

Wir müssen wieder kompakt als Mannschaft auftreten. Wir kennen die Tschechinnen sehr gut, sie haben einige Spielerinnen, die auch in der Bundesliga spielen. Iveta Luzumova auf der Mitte ist sicherlich eine Schlüsselspielerin. Wir müssen als Mannschaft auftreten, die Vorgaben umsetzen, die wir bekommen und wieder unser schnelles Spiel aufziehen. Darin sind wir richtig gut, es hat alledings gegen Rumänien nicht geklappt, darüber zu einfachen Toren zu kommen. Gelingt uns das jetzt wieder, werden wir erfolgreich sein.

Ist eure junge Mannschaft bereit für so ein Nervenspiel?

Ja, ich glaube schon. Man sieht natürlich, dass wir Leistungsschwankungen haben, was man eben darauf zurückführen kann, dass wir noch sehr jung sind. Ich glaube jedoch, dass wir das ausblenden werden, wenn es um etwas geht - und am Mittwoch geht es um alles. Es geht nur um dieses eine Spiel! Das Ziel ist klar: Wir wollen noch drei zusätzliche Spiele in der Hauptrunde haben, um uns weiterentwickeln können.

Sprich: Voller Fokus auf das Match und kein Blick zurück oder nach vorne?

Genau. Alles andere hilft uns heute nicht weiter - wir müssen uns nur auf dieses Spiel konzentrieren!

Hier geht's zum Bericht vom Sensationssieg gegen Norwegen.

Verfasst von Julia Nikoleit

Erschienen in Handball am 05. Dezember 2018

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