Radsport

Mieke Kröger will mit dem Frauenvierer bei Olympia auf Medaillenjagd gehen

Seit zehn Jahren gewinnt Mieke Kröger fast in jeder Saison Titel und Medaillen: Die großgewachsene Bielefelderin ist sowohl auf der Straße als auch auf der Bahn Weltklasse. Sie war Deutsche Meisterin auf der Straße (2016), Weltmeisterin im Mannschaftszeitfahren (Straße), holte Silber und Bronze mit dem Frauenvierer bei Europameisterschaften und zuletzt EM-Gold mit der Mixed-Staffel auf der Straße.

Ihre Karriere startete Kröger beim RV Teutoburg Brackwede, wo ihr Talent schnell erkannt wurde. 2009 gewann sie das Heimrennen in Brackwede und holte schon ein Jahr später ihren ersten Deutschen Meistertitel im Einzelzeitfahren auf der Straße. 2011 waren es schon drei Titel: im Zeitfahren, im Einerstraßenrennen und am Berg, wobei das nicht gerade ihre Spezialdisziplin ist. Viel lieber mag sie flache Strecken, da kann sie ihre Fähigkeiten ausspielen, da gehört sie zu den Besten. Wenn ihr Motor einmal warmgelaufen ist, kann man Mieke Kröger nicht stoppen. Sie tritt Gänge und Wattzahlen, da wird einem Hobbyfahrer schwindelig. Und sie fährt, bis sie fast vom Rad fällt, gibt alles. Bundestrainer André Korff vergleicht sie mit einem Dieselmotor. Ist er einmal auf Touren, ist er nicht zu stoppen. „Sie braucht einen Moment, um in Schwung zu kommen, sie kann nicht aus dem Stand beschleunigen, aber wenn es rollt, dann ist sie nicht zu stoppen,“ urteilt Korff. 

Tempo machen für andere

Kröger ist ein Teamplayer, eine die auch für andere Tempo macht, wenn deren Chancen höher einzuschätzen sind. Und auf der Bahn fährt sie verlässlich ihre Zeiten. In Tokio wird sie die dritte oder vierte Position im Vierer einnehmen.

Der Bahn gehörte schon immer ihre Leidenschaft. Schon bei ihrer ersten Weltmeisterschaft als Juniorin holte sie den Titel in der Einerverfolgung (2011). Im gleichen Jahr gewann sie auch Bronze bei der Straßen-WM in Kopenhagen im Einzelzeitfahren. Kröger liebt die Abwechslung, ist auf Bahn und Straße zu Hause, nur die Berge, die mag sie gar nicht.

Mentale Stärke bei schwierigen Rennen

Aber es gibt Ausnahmen. Als sie 2019 die Belgien-Rundfahrt gewann, musste sie auf einer Etappe mehrfach die Mauer von Geraardsbergen erklimmen. Das schaffte sie gut. „Wenn ihr Kopf will, dann kann sie auch so was,“ sagt Korff und findet, dass die 28-Jährige in den letzten zwei Jahren extrem „erwachsen“ geworden sei. „Sie hat sich echt super entwickelt,“ sagt Korff. Und das mit dem Kopf, das kann Mieke Kröger nur bestätigen. „Das ist überhaupt die größte Herausforderung,“ findet sie, „Straßenrennen, das ist eine Kopfsache.“ Und wenn es mental stimmt, dann kann Mieke Kröger auch Berge fahren. „Nicht ganz vorn, bei den Besten, aber ich komme klar. Und in Belgien habe ich das Trikot verteidigt,“ erinnert sie sich auch an diese Rundfahrt, die sie vor zwei Jahren gewann. Gegen starke Konkurrenz und gegen die Muur von Geraardsbergen, die hat sie erstaunlich gut bezwungen, dem Berg die Stirn geboten.

Fünf Titel hat Mieke Kröger bei Welt- und Europameisterschaften in verschiedensten Disziplinen gewonnen, insgesamt 14 Medaillen internationaler Wettbewerbe liegen zu Hause im Schrank, viele davon hat sie auf der Bahn geholt. Den Bahnsport liebt sie, nicht nur, weil es da keine Berge gibt. „Das was man macht, ist nie langweilig. Wenn der Vierer läuft, dann ist es, als würde man sich auf Schienen bewegen,“ vergleicht Kröger. 

Es tut weh, man ist immer am Limit, aber wenn es dann gut läuft, ist das ein unbeschreibliches Glücksgefühl.

Dem Frauenvierer verhalf sie auch zu neuem Schwung, gehörte 2018 und 2019 zur Stammmannschaft und holte mit dem Quartett Silber und Bronze bei den Europameisterschaften. Nach dem Superjahr 2019 geriet die Bielefelderin, die in Bonn lebt und Ernährungswissenschaften studiert, ins Straucheln. Ausgerechnet, als die Heim-WM in Berlin anstand, war sie nicht in Bestform. „Ich hatte es einfach nicht drauf“, sagt sie rückblickend und trat damals schweren Herzens aber aus eigenen Stücken vorzeitig die Heimreise an. „Das war nicht meine beste Phase“, bekannte sie.  Aber das hat sie verarbeitet und ist froh, manche Dinge heute gelassener zu sehen und nicht mehr zu oft zu emotional zu reagieren. „Vielleicht meint der Bundestrainer das, wenn er sagt, ich sei erwachsen geworden,“ lacht sie.

Ablenkung mit Pinsel und Farbe

Neben ihrem Studium und dem Radfahren engagiert sich Mieke Kröger auch für die „Von Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel“ in ihrer Heimatstadt Bielefeld. Und wenn es die Zeit erlaubt, greift Mieke Kröger zu Pinsel und Farbe. Sie malt gern Porträts, auch mit dem Bleistift. Und sie bemalt für ihr Leben gern Schuhe.  Richtig schade eigentlich, dass sie ihre neuesten Kreationen nicht in Tokio tragen darf, denn unmittelbar nach den Wettkämpfen müssen die Athleten wegen der Corona-Bestimmungen die Heimreise antreten. Da fällt die Sightseeing-Tour durch die japanische Metropole wohl flach.

Verfasst von BDR

Erschienen in Radsport am 30. Juni 2021

Weitere Artikel