Schwimmen

DSV-Präsident wendet sich an potenzielle Opfer sexualisierter Gewalt

Der deutsche Schwimmverband (DSV) will die potenziellen Fälle sexualisierter Gewalt intern aufarbeiten. Schwimm-Bundestrainer Stefan Lurz soll jahrelang Schwimmerinnen genötigt und bedrängt haben.

Nachdem der Schwimmsport von Vorwürfen sexualisierter Gewalt erschüttert wurde, hat sich der Präsident des Deutschen Schwimm-Verbandes e.V. (DSV), Marco Troll, im Verbandsmagazin „Swim&More“ an die über 580.000 Mitglieder gerichtet, um eine lückenlose Aufklärung anzukündigen und um jede mögliche Mithilfe dabei zu werben. Zudem berichtet der 59-Jährige erstmals über die angelaufenen internen Untersuchungen: „Nach unserem derzeitigen Erkenntnisstand sind in der Vergangenheit offenbar nicht immer alle erforderlichen Maßnahmen ergriffen worden, um potenzielle Opfer und damit auch alle anderen Aktiven, darunter viele Schutzbefohlene, zu schützen. Wir möchten uns an dieser Stelle deshalb aufrichtig bei all diesen Personen im Namen des gesamten Verbandes entschuldigen. Es gilt jetzt, dieses Versäumnis im Sinne der potenziellen Opfer zu korrigieren, uns im Verband gemeinsam noch stärker zu sensibilisieren und dafür entsprechende Maßnahmen zu ergreifen“, schrieb Troll im Editorial der „Swim&More“.

Auch Sarah Köhler bezog bereits Stellung.

An einen bedeutenden Sportverband wie den DSV würden zu Recht höchste moralische und ethische Ansprüche gestellt. Daher steht für Troll fest: „Als Teil des organisierten Sports vertreten wir dessen Werte und setzen sehr hohe moralische Ansprüche an jede:n in unserem Verband. Wir müssen uns darauf verlassen können, dass diese Haltung von unseren Mitarbeitenden und Engagierten mit aller Konsequenz vertreten wird. Nur so können sich potenzielle Betroffene darauf verlassen, dass sie in unserem Verband Gehör finden und damit den Mut entwickeln, sich auch mit sensiblen Themen jederzeit an uns wenden zu können, um Schutz zu suchen. Ohne dieses Vertrauen kann keine Kultur des Hinsehens und Handelns entstehen. Personen, die nicht alles in ihrer Macht Stehende tun, um dieser enormen Verantwortung gerecht zu werden, sind für uns als Verband nicht tragbar.“

Fälle sollen intern aufgearbeitet werden

Die interne Aufarbeitung wird fortan von Franka Weber und Michael Angele geführt, beide sind ausgewiesene Experten auf ihrem Gebiet. Franka Weber ist leitende Neuropsychologin der August-Bier-Klinik in Bad Malente (Schleswig-Holstein), betreut seit 2019 die Nationalmannschaft im Beckenschwimmen und ist seit 2020 ehrenamtlich als Beauftragte für Prävention sexualisierter Gewalt im DSV tätig. Michael Angele ist selbstständiger Rechtsanwalt für Strafrecht und Sportrecht in Trier (Rheinland-Pfalz) und berät den DSV ehrenamtlich als Good-Governance-Beauftragter, wie die zur Verfolgung der Verbandsziele notwendige Steuerung und das Verbandshandeln an rechtlichen und ethischen Maßstäben auszurichten sind. Beide Personen haben kein festes Anstellungsverhältnis beim DSV und agieren autark. Der DSV-Vorstand hat ihnen zugesagt, dass alle zur Verfügung stehenden Mittel genutzt werden dürfen und sollen, um potenzielle Fälle sexualisierter Gewalt im Verband aufzuarbeiten.

Ziel des DSV ist es, potenzielle Fälle umfassend aufzuarbeiten und auch zu überprüfen, inwieweit bestehende Strukturen verbessert werden müssen, um zukünftig mehr Sicherheit zu schaffen. Darüber hinaus wurde dem/der verdächtigen Trainer:in in dieser Woche auch die DSV-Trainerlizenz entzogen. „Jede:r soll sich sicher sein können, dass der DSV auch und besonders in schwierigen Situationen ein verlässlicher Partner ist. Jede:r muss darauf vertrauen können, dass er oder sie in Fällen von Missbrauch und Gewalt unmittelbare Hilfe und volle Unterstützung durch den DSV erwarten kann“, erklärte Marco Troll das Vorgehen. „Wir sind alle Teil dieses Verbandes und tragen damit die Verantwortung, ihn zu einem offenen und sicheren Ort zu machen.“

Verfasst von DSV

Erschienen in Schwimmen am 13. März 2021

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