Volleyball
Wie die Coronakrise Sportlerinnen das soziale Umfeld nimmt
Wie die Coronakrise Sportlerinnen das soziale Umfeld nimmt
Nur drei Tage blieben Denise Hanke und ihren Mitspielerinnen, um sich zu verabschieden. Dann ging jeder seiner Wege. Für die Kapitänin des Volleyball-Bundesligisten SSC Palmberg Schwerin bedeutet die Coronakrise nicht nur sportlich gesehen eine Katastrophe, sondern sie nimmt ihr das soziale Umfeld.
Kein Meister, kein Pokalfinale, kein Training mehr. Auch die Volleyball Bundesliga hat – wie alle anderen Verbände und Ligen – die Konsequenzen aus der Coronakrise gezogen. Gerade die Spielerinnen trifft der abrupte Saisonabbruch und die Ungewissheit hart. Denise Hanke (30), Kapitänin beim SSC Palmberg Schwerin, sagt: „Dieses Ausmaß habe ich überhaupt nicht erwartet. Die aktuelle Coronakrise stellt den kompletten Tagesablauf auf den Kopf. Im Team haben wir uns noch kurz verabschiedet, aber innerhalb von drei Tagen wurde uns das ganze soziale Umfeld weggerissen.“
Kein Meister in der Volleyball Bundesliga der Frauen
Der SSC Palmberg Schwerin hatte sich kurz vor dem Ende der Saison noch auf den ersten Tabellenplatz vorgekämpft. Einen Meister gibt es aber nicht in der Volleyball Bundesliga, genauso wenig wie einen Absteiger. Eine Entscheidung über die abschließende Rangfolge in der Tabelle wurde verschoben, da von Seiten der CEV noch keine Klarheit über die Zuteilung der Europapokalplätze für die Spielzeit 2020/21 besteht.
„Sportlich gesehen ist das eine Katastrophe“, sagt Denise. „Aber die soziale Komponente finde ich fast noch entscheidender.“ Als einzige Spielerin wohnt die gebürtige Berlinerin direkt in Schwerin. Die meisten ihrer Mitspielerinnen sind nun zurück in die Heimat gereist. Der Teamzusammenhalt in Schwerin ist gut. Richtig gut. Nur bei wenigen Mannschaften ihrer Karriere hat Denise so eine gute Mentalität und freundschaftliche Basis erlebt. Daher schmerzt der plötzliche Abschied umso mehr.
Denise Hanke: Wäre noch weit für uns gegangen
Nicht nur die Stimmung in Schwerin war während der Saison gut, auch der Kader selbst. „Wir hatten einen großen Kader und konnten jede Position doppelt besetzen. Dadurch hatten wir die Möglichkeit, im Spiel immer wieder neue Impulse zu setzen“, beschreibt Denise die Stärke ihrer Mannschaft. Die verbliebenen Trainings wollte der SSC nutzen, um die Fehlerquote zu minimieren und noch konstanter zu spielen. Denise ist sicher: „Es wäre noch weit gegangen für uns.“
SSC-Kapitänin Denise Hanke (Nr. 10) und ihr Team spielten eine starke Saison. Foto: Eckhard Mai
Die Spitze der Volleyball Bundesliga war eng. Der wohl größte Gegner der Schwerinerinnen: der Allianz MTV Stuttgart. Das Pokalhalbfinale hatte der MTV im Dezember ganz knapp gegen Denise und ihr Team gewonnen – mit 3:2 / 101:101 (17:25 25:23 19:25 25:19 15:9). Dafür revanchierte sich Schwerin zwei Wochen später im Ligaspiel mit 3:1. „Stuttgart spielt konstant gut und gehört daher klar zur Tabellenspitze. Vor allem mit Krystal Rivers hat der MTV natürlich eine extrem starke Spielerin,“ sagt Denise.
SSC-Kapitänin will den Tagesrhythmus beibehalten
Während der Corona-Zwangspause konzentriert sich die 30-Jährige nun verstärkt auf ihr Fernstudium im Bereich des Gesundheitsmanagements. Doch auch hier ist nicht ganz klar, wie das Studium weitergeht. Trotzdem versucht Denise, ihren gewohnten Tagesrhythmus beizubehalten: Um 8 Uhr aufstehen, frühstücken, für die Uni lernen, außerdem To Dos im Haushalt erledigen und mit ihrem Freund spazieren gehen. „Ein bisschen Ruhe schadet auch nicht, wir sind in der Saison ja schon recht viel unterwegs“, gibt sie zu.
Wie es allerdings in der Liga, mit der Mannschaft und den anderen Vereinen weitergehen wird, kann Denise aktuell noch gar nicht einschätzen. Denise sagt: „Der wirtschaftliche Druck ist enorm groß – für die Vereine aber auch für uns Spielerinnen. Wir müssen jetzt erst einmal in Verhandlungen gehen und möglicherweise auch die Strukturen neu denken.“
Finanziell bedrohliche Situation für Bundesligisten
Dazu haben sich in der vergangenen Woche die Entscheider der Vereine in der Volleyball Bundesliga per Telefonkonferenz ausgetauscht. „Für viele Vereine ist die Situation bedrohlich“, sagt André Wehnert, VBL-Vizepräsident, Sprecher der Frauen-Bundesliga und Geschäftsführer der Roten Raben Vilsbiburg. „Die Beeinträchtigung trifft unsere kleine Liga mit ihren Vereinen hart. Daher sind wir dankbar, dass es staatliche Hilfen gibt, die die Klubs in Anspruch nehmen können oder dies derzeitig prüfen.“ Einige Klubs haben bereits Kurzarbeitergeld beantragt, andere prüfen diese Möglichkeit im Augenblick noch.
Für Denise und Co. heißt das erstmal: abwarten und anderweitig beschäftigen. Die Kapitänin macht nach Möglichkeit Fitness zuhause, zuletzt auch noch mit Mannschaftskollegin Kimberly Drewniok. „Sonst fällt einem ja die Decke auf den Kopf“, sagt die Kapitänin und lacht. Irgendwie wird es dann schon weitergehen, da ist sie sicher.
Erschienen in Coronavirus, Volleyball am 24. März 2020
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