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Kelterns Trainer über DBBL-Saison: Kein Spiel war ein Selbstläufer
Kelterns Trainer über DBBL-Saison: Kein Spiel war ein Selbstläufer
Nur eine Niederlage mussten die Rutronik Stars Keltern in dieser DBBL-Saison einstecken, unangefochten lagen die Damen um Trainer Christian Hergenröther auf Rang 1. Wir haben mit ihm über die vorzeitig beendete Saison gesprochen.
Nach 21 statt 22 Spielen ist die DBBL-Saison aufgrund des Coronavirus vorzeitig beendet. Wer als Sieger aus dieser Spielzeit geht oder ob es überhaupt einen geben wird, steht noch nicht fest. Uneinholbar an der Spitze standen aber die Rutronik Stars aus Keltern. Nur ein Spiel mussten die Sterne von Trainer Christian Hergenröther abgeben – an die flippo Baskets aus Göttingen. Was das Geheimnis der Mannschaft in diesem Jahr war und was passieren müsste, damit der Damenbasketball nicht nur zu den Playoffs die Hallen füllt, darüber haben wir mit Christian Hergenröther gesprochen.
Herr Hergenröther, die Rutronik Stars beenden als Tabellenführer die Saison. Ist das ein Erfolg, den man trotz des vorzeitigen Saisonendes feiert?
„Es fällt uns schwer, das zu feiern, da noch nicht genau klar ist, wie die DBBL entscheidet. Gibt es einen Meister? Zählt der Tabellenplatz? Gibt es Auf- und Abstiege? Daher werden wir erst einmal nicht feiern. Als klar war, dass wir weder den Pokal noch die Playoffs spielen werden, war die Enttäuschung in der Mannschaft groß.“
Wie bitter ist die Entscheidung für das Team?
„Wir haben den Trainingsplan seit Wochen auf die Playoffs ausgelegt. Die Spielerinnen, das Trainerteam und alle Beteiligten haben viel Herzblut und Arbeit reingesteckt und auf den Saisonhöhepunkt hingefiebert. Die Playoffs sind schließlich etwas Besonderes. Da spielen wir vor einer vollen Halle, die Emotionen kochen hoch. Es ist eben ein Highlight – das jetzt ausfällt.“
Da ist jetzt viel Fingerspitzengefühl notwendig und ich bin in diesen Zeiten mehr Kommunikator als Trainer.
Wie verarbeiten die Spielerinnen diese Enttäuschung?
„Wir haben bereits ein gemeinsames Gespräch geführt und ich werde mich noch mit allen Spielerinnen einzeln treffen. Besonders schwierig ist die Situation ja für diejenigen, die aus dem Ausland stammen und jetzt nicht wissen, ob und wann sie wieder nach Hause fahren können. Da ist jetzt viel Fingerspitzengefühl notwendig und ich bin in diesen Zeiten mehr Kommunikator als Trainer.“
Trifft Sie das vorzeitige Ende genauso hart?
„Für mich als Trainer ist das genauso eine Enttäuschung wie für die Spielerinnen. Wir haben viel in Team-Building investiert und sind in dieser Saison sehr gut zusammengewachsen. Als Trainer habe ich jetzt aber die Aufgabe, den Spielerinnen trotz allem das Gefühl zu vermitteln, stolz auf sich zu sein. Was wir diese Saison erreicht haben, war eine außergewöhnliche Leistung, die es so im Verein noch nicht gegeben hat.“
21 Spiele, 20 Siege: Keltern war das dominierende Team der Liga. Was war Ihr Geheimnis?
„Wir haben in dieser Saison auf jüngere Spielerinnen gesetzt, die hungrig sind und noch nicht viel Erfahrung in höheren Ligen haben und dies mit erfahrenen Spielerinnen ergänzt, die wir bereits kannten. Wir haben bewusst auf viele starke Charaktere gesetzt. Wir hatten zehn Spielerinnen, die alle auf hohem Niveau spielen konnten. Das war manchmal eine Herausforderung, weil es auch darum ging, diese Charaktere zu managen. Aber wir haben das hinbekommen und als Team sehr gut funktioniert.“
Keltern lag schon vor dem Saisonende uneinholbar auf Rang 1. Wie einfach war der Weg dorthin wirklich?
„Gar nicht einfach. Ich habe die Liga insgesamt noch nie so ausgeglichen erlebt, wie in diesem Jahr. Sonst hatten wir mehr Qualität in der Spitze, aber nicht in der Breite. Der Kampf um alle Platzierungen war groß und unsere Siege zum Teil hart erkämpft. Wie haben einige Partien erst in der Verlängerung gewonnen und dabei manchmal auch das Glück auf unserer Seite. Keines der Spiele war ein Selbstläufer.“
Und das war in den Jahren zuvor nicht so?
„In den vergangenen Jahren hatte ich oft das Gefühl einer Zweiteilung innerhalb der Liga. Sechs Teams in der oberen Hälfte, sechs in der unteren. Und gegen die Mannschaften, die sich in der zweiten Hälfte befunden haben, hat man in der Regel auch gewonnen. In dieser Saison dagegen war die Spannung bis zum Schluss groß.“
Wir haben in der DBBL und BBL die wenigsten einheimischen Trainer im europäischen Vergleich.
Trotz Spannung in der Tabelle bleibt der Damenbasketball eine Nischensportart in Deutschland.
„Das stimmt. Um das zu ändern, braucht es mehr als eine spannende Saison. Wir bräuchten mehr Identifikationsfiguren, mehr Vorbilder innerhalb der Liga. Und damit muss man in der Jugendarbeit schon anfangen. Wenn wir starke deutsche Spielerinnen haben, lenken die die Aufmerksamkeit auf den Sport und gleichzeitig kann die Nationalmannschaft qualitativ stärker bestückt werden. Eine erfolgreiche Nationalmannschaft sorgt für mehr Interesse. Außerdem dürfen wir die Trainerposition nicht vergessen. Wir haben in der DBBL und BBL die wenigsten einheimischen Trainer im europäischen Vergleich, da sollte unbedingt ein Umdenken passieren. Hier sind wir als Vereine gefordert, aber auch der DBB.“
Welche Schritte wären notwendig?
„Nur mit mehr Professionalisierung kann dieser Schritt gelingen. Damit meine ich auch, dass wir uns in den Sozialen Netzwerken stärker positionieren und die Spielerinnen im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit einbinden. Außerdem müssen wir Vereine an einem Strang ziehen! Jeder hat seinen eigenen Weg, aber wir brauchen ein gemeinsames Ziel und Akzeptanz für Einander. Nur wenn wir unsere Ideen und Reichweite bündeln, erreichen wir viele Menschen.“
Apropos Vorbild-Spielerinnen: Steht denn schon fest, wer in Keltern bleibt und wer nicht?
„Nein, aktuell noch nicht. Ich habe bereits angefangen, mit den Spielerinnen darüber zu sprechen und wir wollen auf jeden Fall einige von ihnen halten. Gleichzeitig wollen wir aber auch wieder mehr jüngere Spielerinnen fördern. Und unseren Kader dahingehend auch verändern. Das wird sich alles in den kommenden Wochen und Monaten entscheiden.“
Erschienen in Basketball, Coronavirus am 18. März 2020
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