Beachvolleyball-Team Borger/Sude sagt EM-Start in Lettland ab
Beachvolleyball-Team Borger/Sude sagt EM-Start in Lettland ab
Obwohl nach der Auslosung vor einer Woche im Pool G gesetzt, sagt das Beachvolleyball-Nationalteam Karla Borger/Julia Sude die Teilnahme an den Europameisterschaften in Jurmala (15. bis 20 September) ab. Der Grund: Zu viele Unwägbarkeiten, was die An- und Abreise sowie die Durchführung des Turniers an sich in Zeiten der Corona-Pandemie angeht.
Die Nationalspielerinnen Karla Borger und Julia Sude haben sich am Rande der Deutschen Meisterschaften in Timmendorfer Strand darauf geeinigt, die Teilnahme an der EM in Lettland abzusagen. „Auch wenn es für die Athleten bei der Einreise eine Sondergenehmigung gibt, und deshalb auf eine sonst notwendige Quarantäne verzichtet wird, ist völlig unklar, wie die Anreise und Abreise überhaupt durchgeführt werden können,“ sagt Karla Borger.
Einreise nur in dringenden Fällen empfohlen
Denn die Anweisungen der lettischen Gesundheitsbehörden, die jeden Freitag aktualisiert werden, basiert auf einem Ampelsystem. 21 Nationen, darunter die Teilnehmerländer Spanien, Niederlande, Österreich aber auch Luxemburg als Sitz des Europäischen Volleyballverbands, stehen derzeit auf der Roten Liste: Einreise nicht empfohlen, 14-tägige Quarantäne notwendig. Deutschland und auch Italien stehen auf Gelb: Einreise nur in dringenden Fällen, mit ebenfalls notwendiger zweiwöchiger Quarantäne. „Und diese Liste wird bis zum Start der EM noch zweimal aktualisiert. Was ist, wenn dann Deutschland auch auf einmal auf Rot rutscht“, fragt sich Julia Sude.
Keine klare Aussage seitens der Verbands
Teammanager Constantin Adam hat mit wenigen Klicks im Internet herausgefunden, dass die lettischen Gesundheitsbehörden eng mit dem Flughafen Riga zusammenarbeiten. Wenn Nationen zu Risikogebieten erklärt werden, werden die Flüge aus und in diese Länder einfach gestrichen. „Wir könnten eventuell erst gar nicht direkt ein- oder ausreisen sondern müssten vielleicht nach Polen fliegen, ein Fahrzeug mieten und durch Litauen nach Lettland fahren.“ Auch eine mögliche Quarantänepflicht nach der EM, bei der Rückkehr nach Deutschland, steht im Raum. Auf all diese Hinweise, die das Team sowohl an den Deutschen als auch an den Europäischen Volleyballverband CEV geleitet hat, gab es keine Reaktionen.
„Es gibt auch keine klaren Ansagen, ob Teams disqualifiziert werden, wenn ein positiver Fall auftritt. Was ist, wenn zum Beispiel der Trainer positiv ist“, sagt Julia Sude und Karla Borger ergänzt: „Dass für die zugelassenen Zuschauer eine Maskenpflicht eingeführt wird, haben nicht die Veranstalter formuliert, sondern wurde auf Druck der Spieler durch die IBVPA erwirkt.“
Ebenso gibt es noch keine klare Aussage der CEV und des Weltverbandes FIVB,ob bei dem EM-Turnier Punkte für das Olympic Ranking vergeben werden. Für Borger und Sude ist es eigentlich unvorstellbar, dass bei diesem Turnier Punkte vergeben werden. Jedes Land hatte über die letzten Wochen und Monate unterschiedliche Einschränkungen in der Ausübung des Sports hinzunehmen, und auch die Risiken, die mit der Ein- und Ausreise verbunden sind, sollten eigentlich Grund genug dafür sein, die Athleten nicht unnötig unter Druck zu setzen, an diesem Turnier teilnehmen zu müssen. Fazit: Die Nationalspielerinnen fühlen sich in dieser Situation allein gelassen und ziehen deshalb selbst die Notbremse.
Europameisterin Tina Graudina positiv getestet
Passenderweise hat nur wenige Stunden nach diesem Team-internen Beschluss, die aktuelle Lage ein weiteres Ausrufezeichen gesetzt: Die Europameisterin Tina Graudina aus Lettland, die als Titelverteidigerin vergangene Woche noch medienwirksam die Auslosung in Jurmala während einer Live-Übertragung übernommen hat, ist nach österreichischen Medienberichten positiv auf Corona getestet und kann nicht an der EM teilnehmen. Doch auf der Internetseite der CEV steht ihr Team immer noch als eines von vier Duos im Pool E.
So bleibt der enttäuschende Ausgang der Deutschen Meisterschaften in Timmendorfer Strand als fast schon passender Schlusspunkt dieses vermaledeiten Corona-Jahres. Ausgerechnet im Abschlusstraining am Dienstag, am Vorabend des Geburtstages von Julia Sude, knickte diese um und zog sich einen Außenbandanriss sowie eine Kapselverletzung zu. „Timmendorf ist einmalig, das will man sich nicht nehmen lassen, erst recht nicht in diesem Jahr, wo es so wenig Turniere gab“, erklärt die dreimalige Deutsche Meisterin (2010 mit Jana Köhler, 2017 mit Chantal Laboureur, 2019 mit Karla Borger).
Borger/Sude können Titel nicht verteidigen
Doch der Turnierverlauf war holperig, kein Wunder, wenn der rechte Fuß eng getaped ist, und dadurch die Bewegung eingeschränkt. Als dann im Viertelfinale gegen Kim Behrens/Cinja Tillmann auch noch eine alte Muskelverspannung in Karla Borgers rechter Schulter auftrat, konnten auch zwei hintereinander genommene Medical-Timeouts an der Tatsache nichts ändern, dass ein Weiterspielen mit diesen Verletzungen keinen Sinn machen würde. Mit Tränen in den Augen beschieden die beiden dem Schiedsrichter die Aufgabe und beendeten dadurch notgedrungen ihr Projekt, den Vorjahrestitel zu verteidigen.
Doch diese Blessuren stehen nicht in Zusammenhang mit der EM-Absage. „Das hätten wir schon rechtzeitig hinbekommen, dass wir für die EM fit gewesen wären“, meinte Julia Sude. Schließlich haben beide, obwohl bereits jeweils mit EM-Bronze ausgestattet, noch Platz im Trophäen-Regal.
Das an Turnieren dezimierte Jahr 2020 geht also für Borger/Sude bereits mit den Deutschen Meisterschaften in Timmendorfer Strand zu Ende, bei dem das Nationalteam auf dem fünften Platz landet. Weitere Turniere sind nicht terminiert. Wie es in der Qualifikation für die Olympischen Spiele in Tokio weitergeht, ist unklar. „Wir werden weiter trainieren, um den Kraftaufbau zu erhalten, aber grundsätzlich stellt man sich schon die Frage, auf was man trainiert“, findet Julia Sude.
Erschienen in Volleyball am 13. September 2020
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