Leichtathletik

Leichtathletik DM 2020: Christin Hussong räumt vierten Titel ab

Es sind Meisterschaften auf Abstand – aber dennoch mit meisterschaftswürdigen Leistungen. Den ersten Tag der 120. Deutschen Meisterschaften im Eintracht-Stadion in Braunschweig, die angesichts der Corona-Pandemie unter strengen Hygienevorschriften stattfinden, räumte etwa Christin Hussong im Speerwurf ihren vierten Titel ab.

Packend bis zum letzten Meter – das war das Sprintfinale der Frauen. Lisa Marie Kwayie (Neuköllner SF) und Rebekka Haase (Sprintteam Wetzlar) waren sich die erwartet ebenbürtigen Kontrahentinnen – doch das bessere Finish hatte an diesem Tag Lisa Kwayie. Die Hallenmeisterin warf sich mit 11,30 Sekunden knapp vor der jahresschnellsten Deutschen Rebekka Haase (11,34 sec) ins Ziel. Noch enger war die Entscheidung um Bronze, wo die Tausendstel den Unterschied zwischen Lisa Nippgen (MTG Mannheim) und Leverkusens Jennifer Montag (beide 11,40 sec) machte. Lisa Mayer (Sprintteam Wetzlar) musste hingegen kurz vor dem Finale zurückziehen. Ihr Beuger macht Probleme.

Christin Hussong knapp unter Saisonbestleistung

Auch Christin Hussong lieferte eine starke Leistung ab. Die Europameisterin war zum Höhepunkt dieser so speziellen Saison voll da. 63,93 Meter – das ist nur knapp unter ihrer Saisonbestleistung von 64,10 Meter. Die 26-Jährige, die in diesem Jahr noch ungeschlagen ist, sicherte sich damit ihre fünfte Goldmedaille bei Deutschen Meisterschaften. „Wir haben in der Corona-Pause an Sachen gearbeitet, für die sonst keine Zeit ist. Vor dem Hintergrund geht die Weite in Ordnung“, sagte Christin Hussong selber. „Ich will in den nächsten Wettkämpfen noch Sicherheit in der Technik bekommen.“ WM-Starterin Annika Marie Fuchs (SC Potsdam) blieb wie im Vorjahr mit 57,97 Metern Silber.

Faustdicke Überraschung über die Hindernisse

Eine faustdicke Überraschung gab es über 3.000 Meter Hindernis der Frauen. Denn im Ziel war es Elena Burkhard (LG farbtex Nordschwarzwald), die sich in Jubelpose für ihren ersten Deutschen Meistertitel über diese Strecke warf. Gesa Krause (Silvesterlauf Trier), die zweimalige Europameisterin über diese Strecke, die sich so auf ihren DM-Start gefreut hatte, musste aufgrund von muskulären Problemen das Rennen frühzeitig beenden. „Ich bin auch nur ein Mensch“, sagte Gesa Krause später. „Es war nicht mein Tag und die Form, die ich von mir erwartet habe und die man von mir kennt.“

In 9:50,31 Minuten lief die 28-jährige Burkard bei diesem Hitzerennen Saisonbestleistung und liegt damit im europäischen Vergleich aktuell auf Platz zwei. „Der Titel ist für mich extrem wichtig“, sagte Elena Burkard, die im vergangenen Jahr mit vielen Verletzungssorgen zu kämpfen hatte. „Ich bin froh, wieder verletzungsfrei zu sein und dass wir überhaupt hier laufen durften.“ Silber geht an Lea Mayer (VfL Löningen), die in 9:58,87 Minuten noch unter der 10-Minuten-Marke blieb.

Pamela Dutkiewicz strauchelt über Hürden

Auch über die Hürden der Frauen gab es eine Überraschung, denn Favoritin Pamela Dutkiewicz (TV Wattenscheid 01) ereilte bereits im Vorlauf Riesenpech. Die EM-Zweite, die bei ihrem Saisondebüt im zweiten Halbfinale souverän in Führung lag, trat in die drittletzte Hürde, kam ins Straucheln und konnte das Rennen nichts ins Ziel bringen. „Ich arbeite gerade an einer neuen Startposition“, erklärte sie die Hintergründe. „Das war heute die schlechtmöglichste Version davon. Ich habe noch versucht, es im Rennen zu retten, aber dann war es vorbei.“

Für Ricarda Lobe (MTG Mannheim) ging es dagegen so schnell wie in dieser Saison noch nie. In 13,24 Sekunden holte sich die EM-Sechste ihre verdiente erste Goldmedaille bei einer DM. Auf dem Silberrang steigerte sich Anne Weigold (LG Mittweida) mit 13,31 Sekunden zur Bestleistung vor der Paderbornerin Monika Zapalska (13,33 sec).

Geteiltes Gold im Stabhochsprung

Ein Novum gab es beim Stabhochsprung der Frauen, denn mit Stefanie Dauber (SSV Ulm 1846) und Ria Möllers (TSV Bayer 04 Leverkusen) teilen sich erstmals zwei Athletinnen in dieser Disziplin die Goldmedaille. Beide leisteten sich exakt die gleiche Anzahl an Fehlversuchen, und das bei denselben Höhen. Während Titelverteidigerin Lisa Ryzih (ABC Ludwigshafen) nach 4,30 Metern mit der Bronzemedaille die Sachen wieder einpacken musste, lieferten sich die Ulmerin Stefanie Dauber und die 24-jährige Ria Möllers ein Duell um Gold. 4,40 Meter meisterten beide im zweiten Versuch – und teilten sich damit den Titel.

„Geteilte Freude ist doppelte Freude“, resümierte Stefanie Dauber, die genau wie Ria Möllers zum ersten Mal überhaupt in ihrer Karriere DM-Gold feiern konnte. Ria Möllers, die in Leverkusen bei Christine Adams und damit in einer Trainingsgruppe mit Bo Kanda Lita Baehre und Torben Blech trainiert, steigerte ihre Bestleistung um satte neun Zentimeter. „Dass es hier zum Titel reicht, hätte ich nie erwartet“, sagte die neue Deutsche Meisterin, die im vergangenen Sommer in Berlin noch auf Platz vier gelandet war.

Hochspringerin Christina Honsel in Form

Dass Christina Honsel (TV Wattenscheid 01) gut drauf ist, das hatte die Wattenscheiderin bereits im Vorfeld angedeutet. Wie gut die 23-Jährige, die im vergangenen Sommer bei der U23-EM zu Silber gesprungen war, durch die ungewöhnliche Vorbereitungszeit gekommen ist, das bewies sie auch am Samstagnachmittag in Braunschweig. Bis 1,84 Meter nahm die WM-Teilnehmerin des Vorjahres jede Höhe im ersten Versuch, lediglich bei 1,87 Metern leistete sie sich einen kleinen Wackler. Ihr blitzsauberer, erster Sprung über 1,90 Meter – er brachte ihr ihren ersten deutschen Meistertitel bei den Aktiven und zeigte deutlich: Da steckt noch deutlich mehr in ihr. Wie viel mehr, das wird sie an anderer Stelle zeigen, denn 1,93 Meter, was Bestleistung bedeutet hätte, war an diesem Nachmittag noch einen Tick zu hoch.

Alexandra „Ola“ Plaza (LT DSHS Köln), die ihre Karriere eigentlich schon beendet hatte, steigerte sich in diesen Wettkampf hinein und sprang mit 1,87 Metern so hoch wie seit sechs Jahren nicht mehr. Der Lohn für diesen Kampfgeist: Silber bei den Deutschen Meisterschaften. Das war der heute 25-Jährigen zuletzt 2014 gelungen.

Emotionale Dreisprung-Siegerin: Maria Purtsa

Überschäumend vor Freude – das war die Überraschungssiegerin im Dreisprung. Maria Purtsa sprang mit 13,65 Metern zu Gold und ließ ihren Emotionen danach freien Lauf. „Es ist wirklich unglaublich“, sagte die 24-Jährige vom LAC Erdgas Chemnitz, die sich in Zeiten der geschlossenen Sportplätze aufgrund der Corona-Pandemie sieben Wochen lang auf einem Feldweg fit gehalten hatte. „Ich wusste aber, dass heute etwas geht und habe mir gesagt: ‚Vertrau auf dich‘.“ Ein Mantra, das voll aufging. Die Chemnitzerin, aus der Trainingsgruppe von Harry Marusch, wurde nach der kurzfristigen Absage der jahresbeste Deutschen, Neele Eckhardt (LG Göttingen), die sich beim Einspringen am Oberschenkel verletzt hatte, vor allem von der Düsseldorferin Jessie Maduka gefordert. Die 24-Jährige sprang mit 13,57 Metern so weit wie seit mehr als zwei Jahren nicht mehr.

Verfasst von DLV

Erschienen in Leichtathletik am 09. August 2020

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