Spitzensportlerinnen von morgen: Rennrodlerin Jessica Degenhardt
Spitzensportlerinnen von morgen: Rennrodlerin Jessica Degenhardt
Die Corona-Pandemie machte eine faire Wahl der Juniorsportler des Jahres 2020 bei der Deutschen Sporthilfe unmöglich – zu viele internationale Wettbewerbe mussten abgesagt werden. Großartige Erfolge feierten einige deutsche Juniorsportler:innen aber dennoch. Wir stellen heute vor: Rennrodlerin Jessica Degenhardt.
Eigentlich kennt es Jessica Degenhardt gar nicht anders: Seit die 18-Jährige auf der Welt ist, gewann immer eine Deutsche den Gesamtweltcup in „ihrer“ Sportart, dem Damen-Rodeln, insgesamt nun bereits 22 Mal in Folge. In der vergangenen Saison entschied sich das jedoch erst beim letzten Rennen am Königssee, als Newcomerin Julia Taubitz gerade noch so ihre russische Konkurrentin überholte. Live mit dabei: Weltcup-Debütantin Jessica Degenhardt.
Debüt mit Gold und Silber
Der erste Start bei den „Großen“ mit damals 17 Jahren war für die Sächsin die Belohnung für eine überragende Saison: Gold im erstmals auf großer Bühne ausgetragenen Doppelsitzer-Wettbewerb der Damen bei den Olympischen Jugendspielen in St. Moritz im Januar 2020, dazu noch Silber im Einzel. Wenig später folgten die Titel bei der Junioren-WM im Einzel und der Teamstaffel sowie quasi nebenbei noch die Gesamtweltcupsiege im Einzel und Doppel bei den Juniorinnen – viel mehr ging nicht. Ach ja: Deutsche Fahnenträgerin in St. Moritz war Degenhardt auch.
„Das war schon eine außergewöhnliche Erfahrung und eine große Ehre“, sagt die Schülerin, die nicht besonders gerne im Mittelpunkt steht. Sie freut sich zwar über das große Interesse, die vielen Ehrungen nach ihren Triumphen empfindet sie aber als „irgendwie surreal“. Der historische Erfolg im Damen-Doppelsitzer mit Vanessa Schneider bescherte ihr viel mediale Aufmerksamkeit – auch, weil die beiden mit einem ungewöhnlichen Ritual auffielen: Vor dem Start tanzten sie stets ihre Anspannung weg. „Weil das einfach locker macht“, erklärt Degenhardt. Mit dem Tanz-Duett ist vorerst allerdings Schluss. Nach einem durch die Doppelbelastung anstrengenden Winter hat die 1,78 Meter große Rodlerin beschlossen, den Doppelsitzer, der voraussichtlich 2026 olympisch werden soll, zunächst sein zu lassen und sich auf den Einer zu konzentrieren – und auf die Schule, dort steht 2021 das Abitur an.
In der Krise viel trainieren und mehr Läufe fahren
Besonders viel Wettkampfstress außerhalb der Klassenräume wird sie in diesem Winter wohl nicht haben. Diverse Wettbewerbe wurden Corona-bedingt bereits abgesagt, darunter auch die Junioren-WM; die Junioren-EM wurde auf unbestimmte Zeit verschoben. Jessica Degenhardt nimmt es pragmatisch und versucht, in der Krise das Positive zu sehen: Viel trainieren, mehr Läufe fahren und sich mehr mit sich selbst beschäftigen, darauf baut sie. „Und damit müssen wir uns abfinden. Wichtig ist, dass es bei den Großen weitergeht, denn dort wollen wir ja alle mal hin.“ Ihren bislang einmaligen Ausflug in den Weltcup hat sie genossen, weiß aber auch, dass das eine Ausnahme war. Zumal mit der vierfachen Olympiasiegerin Natalie Geisenberger und der Olympia-Zweiten Dajana Eitberger in dieser Saison zwei Top-Rodlerinnen nach Schwangerschaftspausen wieder zurückgekehrt sind.
Dennoch: Degenhardt, die als Siebenjährige über ihren älteren Bruder zum Rodeln kam und seit fünf Jahren von der Sporthilfe gefördert wird, hat ihre Chance genutzt, wurde in ihrem ersten Weltcup-Rennen Elfte und hat „sehr viel mitgenommen“. Die Olympischen Spiele 2022 in Peking kommen noch zu früh, hat sie für sich entschieden. Spätestens danach soll es aber so richtig bei den Großen losgehen – es gilt, eine deutsche Siegesserie fortzusetzen.
Erschienen in „go!d – das Magazin der Deutschen Sporthilfe“
Erschienen in Bob/Rennrodeln am 15. Februar 2021
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