Radsport
Clara Koppenburg: Der Radsport hat mein Leben verändert
Clara Koppenburg: Der Radsport hat mein Leben verändert
Mit Ehrgeiz und Disziplin hat sich Clara Koppenburg (23) aus Lörrach im Schwarzwald in wenigen Jahren zur Elite des Radsports nach vorne gekämpft. Der harte Einsatz, Blut und Schweiß haben sich ausgezahlt. Doch am Ziel ihrer Träume ist die Radsportlerin noch nicht.
Jeden Morgen, sieben Tage die Woche steigt Clara Koppenburg (23) aufs Rad. Immer vor 10 Uhr. "Da kommt mir auch nichts dazwischen", sagt sie. Ob lange Ausdauerfahrten bis zu sechs Stunden oder hartes Intervalltraining am Berg – Koppenburg bringt sich immer an ihre Grenzen. Mit Erfolg. 2018 fuhr sie bei der Weltmeisterschaft in Innsbruck auf Rang 18, bei den Deutschen Meisterschaften im Einzelzeitfahren auf Platz 4. Das harte Training zahlt sich aus.
Erst mit 17 Jahren endeckte Koppenburg den Radsport für sich. Ihr Vater war Arzt eines Profi-Radteams und nahm sie mit zu einer Weltmeisterschaft. "Da habe ich gemerkt: Wow, was für eine tolle Sportart", sagt Koppenburg. "Es gehört viel mehr dazu, als nur in die Pedale zu treten. Nicht immer gewinnt der Stärkste, es gehört auch viel Taktik dazu. Daher sind die Rennen unvorhersehbar und am Ende gibt es unerwartete Sieger." Koppenburg fand ein Team, das ihr als Quereinsteigerin eine Chance gab. Doch der Einstieg war nicht leicht. Stürze in beinahe jedem Rennen oder schon nach kurzer Zeit von der Konkurrenz abgehängt: Koppenburg musste kämpfen. "Mein Trainer hat da wohl etwas in mir gesehen. Er hat mir alles beigebracht, was ich heute kann und mich dahin geführt, wo ich heute stehe." Aufgeben kam nicht infrage.
Während der Saison nur wenige Tage zuhause
Koppenburg fährt für ein dänisches Team, das seinen Sitz in der Schweiz hat. Trainiert wird aber die meiste Zeit allein. Die 23-Jährige wohnt mittlerweile wieder bei ihren Eltern in Lörrach im Schwarzwald. "Ich trainiere zu 95 Prozent allein. Das macht mir Spaß, ich kann so meine Intervalle durchziehen und bin unabhängig." Zwischen Ende Februar und Mitte Oktober ist sie mit ihrem Team bei Rennen in der ganzen Welt unterwegs, in dieser Zeit ist sie nur wenige Tage zuhause."Der Sport nimmt viel Zeit ein. Ein Urlaub ohne das Rad ist zum Beispiel nicht mehr denkbar. Das Radfahren hat mein Leben drastisch verändert – zum Positiven." Koppenburg fing gleichzeitig zum Profisport ein Sportwissenschafts-Studum an der Uni in Konstanz an. Trotz vieler Fehlzeiten und einem enormen Aufwand hat sie jetzt ihre Bachelorarbeit abgegeben. Nun kann sie sich voll auf ihr Leben als Profisportlerin konzentrieren.
Zähne zusammenbeißen bei der WM 2018 in Innsbruck. Foto: Velofocus
Und das hält kaum Pausen bereit. Ab November beginnt schon das Aufbautraining für die kommende Saison. In den wenigen Wochen, in denen Koppenburg mal nicht aufs Rad steigt, macht sie aber auf keinen Fall nichts. "Ich war Joggen und habe Gymnastik gemacht. Sich zu bewegen gehört bei mir einfach dazu", sagt sie. Freunde und Familie haben aber in den paar Wochen Trainingspause Vorrang, den die kommen normalerweise immer zu kurz. "Wenn ich zuhause bin oder mich mit Freunden treffe, kann ich auch mal richtig abschalten. Immer Hochleistung zu bringen ist mental sehr anstrengend."
Höhen und Tiefen gehören beim Profisport dazu
Vor allem dann, wenn nicht alles glatt läuft. So wie im Frühjahr 2018. Mehrere Erkältungen haben die Radfahrerin immer wieder im Training zurückgeworfen, außerdem lagen ihr die flachen Rennen im Norden nicht. "Da musste ich mich richtig durchbeißen. In bergigem Terrain fühle ich mich viel wohler, vor allem bei längeren Ansteigen über 15 Minuten", sagt Koppenburg. Ab Mai lief die Saison dann besser, sogar richtig gut. Die Form ging konstant nach oben und die Höhepunkte mit der Deutschen Meisterschaft und der Weltmeisterschaften gaben Koppenburg die Bestätigung für das viele Training. "Es war meine erste WM und ich habe mich wahnsinnig gefreut, dass ich dabei sein durfte. Die Stimmung vor Ort war unglaublich." Endlich oben angekommen zu sein, macht die 23-Jährige glücklich.
Ziele und Träume hat sie natürlich noch mehr. "Ich möchte auf jeden Fall mal Deutsche Meisterin werden. Es ist eine Riesen-Ehre ein ganzes Jahr im Deutschlandtrikot fahren zu dürfen." Ein absolutes Highlight wäre auch die Teilnahme an Olympia – schon allein die Eröffnungsfeier stellt sich Koppenburg wahnsinnig aufregend vor. Doch der Weg dorthin ist lang. Jede Nation bekommt maximal drei Startplätze. Einen davon zu erkämpfen erfordert enorme Leistungen. "Ich arbeite darauf hin, aber ich weiß, wie schwer das ist. Die Strecke für Tokio 2020 würde mir aber total liegen, sie ist sehr bergig."
"Radsport ist für mich pure Freiheit"
Dass Radfahren kein ungefährlicher Sport ist, hat Koppenburg schon einige Male selbst erfahren müssen. Zahlreiche Schürfwunden erinnern sie daran, erst vor wenigen Wochen musste sie nach einem Sturz im Gesicht genäht werdne. "Klar, das Risiko ist extrem hoch. Schließlich fahren wir bis zu 100 km/h." Wirklich etwas Schlimmes ist der 23-Jährigen aber nie passiert, daher überwiegen eindeutig die positiven Erlebnisse. Koppenburg sagt: "Radsport ist für mich pure Freiheit. Es ist herrlich mit sich und seinem Körper im Einklang zu sein und den Fahrtwind zu spüren. Im Moment kann ich mir nichts Schöneres vorstellen."
Erschienen in Radsport, Sportarten am 28. Oktober 2018
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