Tennis

Carolin Daniels im Interview über ihre Karriere als Tennistrainerin

Die ehemalige Profispielerin Carolin Daniels schloss die A-Trainerausbildung 2017 als Lehrgangsbeste ab. Dafür hat sie nun vom Verband eine Auszeichnung erhalten. Wir haben mit der 26-jährigen Trainerin der Tennisbase Germany über ihre Ziele und Wünsche gesprochen.

Die Interaktion zwischen Trainer und Athlet findet Carolin Daniels (26) besonders spannend. Die Tennisprofispielerin hat ihren Schwerpunkt von der zweiten Bundesliga zur Trainerlaufbahn verlagert. Dass sie Bundesligaerfahrung hat – noch immer ist sie dort ab und an im Einsatz –, hilft ihr die Athleten besser zu coachen. Wir haben mit Daniels über ihre Ziele als Trainerin gesprochen, den weiblichen Nachwuchs und warum Profitrainer meistens männlich sind.

Sie wurden vom DTB als Jahrgangsbeste ausgezeichnet. Wie viele Frauen und Männer waren denn in Ihrem Jahrgang?

Carolin Daniels: In unserem Jahrgang haben verhältnismäßig viele Frauen teilgenommen, nämlich vier. Hinzu kamen 15 Männer. Meistens sind in einem Kurs nur ein oder zwei Frauen.

Ist das Verhältnis immer so?

Ja, tendenziell nehmen sogar noch weniger Frauen an der Ausbildung teil. Als ich die DTB-Athtletiktrainer-Lizenz absolviert habe, war ich die einzige Frau im ganzen Lehrgang. Das ist, laut Bundestrainer Peter Born, allerdings keine Seltenheit.

Was glauben Sie, warum nur wenige Frauen den A-Trainerschein machen möchten?

Meiner Meinung nach trauen sich viele Frauen diesen Schritt aus mangelndem Selbstvertrauen nicht zu. Sie lassen den Männern den Vortritt, weil man zu 95 Prozent auch nur männliche Coaches sieht, wenn man auf Turnieren unterwegs ist oder mal den Fernseher anschaltet. Das wird dann zu einer Selbstverständlichkeit, die man nicht durchbrechen möchte, oder es sich zumindest nicht zutraut.

Sie haben zusammen mit Ihrem ehemaligen Trainer Marius Kur eine Tennisakademie eröffnet. Welche Trainingsphilosophie verfolgen Sie?

Die Tennis Base Germany verfolgt eine ganz eigene Philosophie: Wir haben nur Coaches, die selbst mal als Profi auf der Tour waren. Natürlich bedeutet das nicht, dass die dann alle direkt gute Trainer sind. Darum wählen wir sie auch sorgfältig aus. Wir sind überzeugt davon, dass ehemalige Spieler, die das Tour-Leben kennen, den Kindern und Nachwuchsprofis ein bisschen mehr mitgeben können, als Trainer, die dieses Leben nie kennengelernt haben. Mittlerweile haben wir drei Standorte in Deutschland. In Münster, Paderborn und Meerbusch.

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Was sind Ihre Ziele als Tennistrainerin?

Viele kleine Zwischenziele habe ich glücklicherweise schon erreicht. Es kommt auch immer darauf an, mit welchen Erwartungen und Träumen ein Kind zu uns kommt. Manche möchten eine gewisse Ranglistenplatzierung erreichen, manche lassen alles auf sich zukommen. Mir ist es wichtig, dass man, mit dem Athleten zusammen, realistische Ziele setzt und im Entwicklungsprozess offen darüber kommuniziert. Es wäre schön, wenn ich ein paar Jugendliche, die sich hohe Ziele gesetzt haben, bis zum Schluss auf ihrem Weg begleiten könnte. Es ist schön zu sehen, wie das Vertrauen wächst und man gemeinsam Fortschritte erzielt.

In der Weltspitze gibt es nicht viele Trainerinnen. Ausnahmen sind beispielsweise Amelie Mauresmo, die unter anderem Andy Murray und das französische Fed-Cup-Team gecoacht hat und jetzt Trainerin des französischen ATP-Spieler Lucas Pouille ist, oder aber Barbara Rittner, die viele Jahre das deutsche FED-Cup-Team erfolgreich trainiert hat. Warum sind die beiden noch immer eine Ausnahme?

Mauresmo und Rittner haben beide sehr erfolgreich gespielt und haben zusätzlich sicher auch das nötige Selbstvertrauen. Was aber am ausschlaggebendsten ist, ist das Spielverständnis, das beide besitzen. Egal ob Damen- oder Herrentennis, sie wissen genau was in den Spielern vorgeht und gewinnen dadurch das Vertrauen der Athelten.

Von wem haben Sie in Ihrer Trainerlaufbahn am meisten gelernt?

Es ist schwierig sich auf einen einzigen Namen festzulegen, da mich sehr viele Coaches geprägt haben. Ich habe damals, als ich selbst noch Kind und Jugendliche war viel gelernt, ebenso im Profitennis. Mich hat es schon immer interessiert, warum ich etwas machen soll und was mit welcher Übung erreicht werden soll. Ich wusste damals schon, dass mich der ganze Coachingbereich, die Trainingssteuerung, der Fitness- und Technikbereich und vor allem die Interaktion zwischen Athleten und Trainern sehr interessiert.

Was macht einen guten Trainer im Tennis aus?

Man muss seine Athleten so gut kennen, dass man herausspürt, was sie brauchen. Ohne Vertrauen geht in diesem hochsensiblen Bereich überhaupt nichts. Wenn man nicht weiß, wie sich der Spieler fühlt, dann kann man auch nicht mit ihm arbeiten. Oft kommt es nicht darauf an, was ich sage, sondern was der Spieler versteht und in diesem Moment hören möchte. Die große Kunst ist dann natürlich, jeden Spieler individuell zu coachen. Mit jedem muss anders gesprochen werden, jeder braucht andere Trainingsmethoden und Herangehensweisen. Deshalb bestehen in unsere Tennis Base die Gruppen aus wenig Spielern, damit dieser Punkt gewährleistet werden kann.

Wen halten Sie für den derzeit besten Trainer/die beste Trainerin ?

Ich bewundere Wim Fisette, er schafft es in jeder Zusammenarbeit unglaubliche Erfolge zu erzielen. Kürzlich ja erst wieder mit Angie Kerber. Mit ihm würde ich mich gern mal etwas länger unterhalten und von ihm lernen.

Mit Angelique Kerber hat 22 Jahre nach Steffi Graf in diesem Jahr wieder eine Deutsche gewonnen. Mit Alexander Zverev hat erstmals nach Boris Beckers Triumph 1996 wieder ein Deutscher das Endspiel der ATP-Finals gewonnen. Machen sich diese Erfolge auch beim deutschen Tennisnachwuchs bemerkbar?

Es gibt viele Kids die immer begeistert waren, auch vor diesen großen Erfolgen. Ich hoffe, dass aber noch mehr Begeisterung überschwappt. Denn letztendlich ist es ein wirklich cooler Sport, der richtig viel Spaß macht.

Der "Golden Slam" von Steffi Graf vor 30 Jahren.

Die deutschen Herren haben mit dem erst 21-Jährigen Zverev einen jungen Spitzenspieler in ihren Reihen. Gibt es bei den Damen derzeit auch vielversprechende Talente?

So wie bei den Herren derzeit nicht, nein. Zverev hat mit seinem Erfolg in London gezeigt, dass er zu den Topspielern dieser Welt gehört und er es mit großen Namen aufnehmen kann. Ich hoffe, dass jüngere Talente, wie beispielsweise Katharina Gerlach, den Sprung schaffen und sich in den Top-100 etablieren können.

Verfasst von Nadia Al-Massalmeh

Erschienen in Tennis am 19. Dezember 2018

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