Tipps und Tricks

Richtig trainieren: Ist es sinnvoll, jeden Tag Sport zu treiben?

SerieIst jeden Tag Sport okay oder keine gute Idee? Dieser Frage widmet sich Sportwissenschaftlerin Navina Pertz in Folge 1.2 unserer neuen Serie "Von Mythen und anderen Trainingsirrtümern".

Ganz klar: Ja, es ist sinnvoll. Aber es soll keine Mammutaufgabe sein. Wenn ich mir jeden Tag vornehme, eine Stunde Sport zu treiben, werde ich wahrscheinlich scheitern. Es wird etwas einfacher, wenn ich das Wort Sport durch Bewegung ersetze. Denn mit Sport wird meist ein großer Umfang assoziiert. Wenn ich mich aber jeden Tag bewege und ein paar Übungen absolviere, bei denen sich herausgestellt hat, dass mir diese guttun, dann kann ich diese wie eine Art Checkliste abarbeiten.

Kurz-, mittel und langfristige Ziele

Für jeden sind die perfekten Übungen andere, damit haben wir uns schon in der vorherigen Folge beschäftigt. Und wenn ich mir jeden Tag zehn Minuten Zeit nehme, um mich um mich selbst zu kümmern, dann sollte das machbar sein. Des Weiteren brauche ich Ziele. Ziele, die ich kurzfristig erreichen möchte. Zum Beispiel: Was leiste ich heute? Ziele, die ich mittelfristig erreichen möchte, beispielsweise: Was will ich in den nächsten zwei Wochen erreicht haben? Und langfristige Ziele, die mich regelmäßig begleiten. Diese können und dürfen sich selbstverständlich ändern. Mit dem Wissen von morgen würde ich wahrscheinlich mein Training heute anders gestalten, als ich es gestern getan hätte.

Als Minimalziel für den Tag sollte ich einmal ins Schwitzen gekommen sein, um das Herzkreislaufsystem anzuregen. 6.000 Schritte sind somit ein wünschenswertes Ziel. Um die Gesundheit nachhaltig zu fördern, sind mindestens 10.000 Schritte pro Tag ratsam.

Regelmäßige Reize setzen und Geduld haben

Wer langfristige Erfolge verbuchen will, muss wissen, dass es eine gewisse Zeit braucht, bis sich der passive und der aktive Bewegungsapparat an die neuen Herausforderungen angepasst haben. Im Groben kann man sagen, alles, was der Körper nicht braucht, baut er ab. Nur wenn ich regelmäßig meinen Körper bewege und ihn fordere, werde ich mein Niveau erhalten und/oder verbessern können. Um dies zu verdeutlichen: Wenn ich heute also beim Gang zum Kopierer, zu dem ich drei Stockwerke nach oben gehen muss, komplett außer Atem bin und erst mal eine Pause brauche, dauert es ein paar Mal, bis sich der Körper angepasst hat.

Es geht vor allem um die Regelmäßigkeit. Wenn ich diesen Reiz zu selten setze, baut sich die Anpassung wieder ab und das meist deutlich schneller als einem lieb ist. Wenn ich also einmal pro Woche zum Kopierer gehe, dann kann ich mein Niveau erhalten. Wenn ich öfter zu diesem gehe, kann ich mein Niveau verbessern. Wie viel öfter sein sollte, ist bei jedem individuell, aber mindestens zwei- bis dreimal pro Woche muss es sein.

Einfach und möglichst überall durchführbar

Also nun zur Gretchenfrage: Wie gestalte ich mein tägliches Sporttreiben? Mein Training muss einfach sein und möglichst überall durchführbar. Das heißt, ich brauche wenige bis keine Geräte, effektive Übungen und nicht zu viele Übungen. Ein Mammutprogramm ist meist nicht zielführend. Am Anfang ist die Motivation groß, doch wenn diese schwindet, schwindet auch die Zeit. Deswegen ist es ratsam, mit kleinen Schritten anzufangen. 10 Minuten täglich sind völlig ausreichend, wenn wir uns prinzipiell an die Faustregel mit dem "ins Schwitzen kommen und den Schritten" halten. Denn nur wenn der Körper regelmäßig durch ein Training ermüdet, erholt er sich auf ein höheres Niveau. Sobald ich aufhöre, verblasst dieses.

Wichtig ist, dass ich das Sporttreiben auf meine Bedürfnisse abstimme und mich aufs Wesentliche beschränke. Ich mache immer fünf Übungen von meiner Checkliste. Alles Weitere ist Bonus. Die Übungsauswahl bei dem ganzen Angebot ist sehr vielfältig. Sinnvoll ist es, wenn sich meine Übungen aus den Bausteinen Krafttraining (mit dem eigenen Körpergewicht), Koordination und Beweglichkeitsübungen zusammensetzen. Oft gibt es auch Übungen in kombinierter Form. Verlockend ist es auch, wenn man keine konkreten Ziele hat, trainiert man oft das, was man eh schon gut kann und lässt die eigenen Defizite außer Acht.

Macht dein Training Spaß?

Das Wichtigste ist die Konsequenz. Deswegen sollte mein Training mir auch Spaß machen. Ob es mir Spaß macht, weil ich die Art der Bewegung mag, ich unter Gleichgesinnten bin und/oder dass ich weiß, dass diese Übungen meinem Körper guttun, bleibt jedem selbst überlassen. In diesem Sinne: Hauptsache, du ziehst es durch!

Über die Serie „Von Mythen und anderen Trainingsirrtümern“ auf Sportfrauen: Kein wissenschaftlicher Beitrag aber wissenschaftlich fundiert: In unserer neuen Serie erfahrt ihr wöchentlich mehr über das richtige Training. Abwechselnd klärt euch die Autorin hier über Mythen aus der Trainingswelt auf (1), gibt euch Tipps für mögliche Trainingsinhalte (2) und stellt euch ganz konkrete Übungen (3) vor. Wenn ihr zu einem bestimmten Thema Fragen habt oder Vorschläge für eine neue Folge von „Von Mythen und anderen Trainingsirrtümern“, dann schreibt uns an info@sportfrauen.net.


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Navina Pertz

Navina Pertz

Erschienen in Tipps und Tricks am 19. Juni 2020

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