Wintersport
Kein Meister bei den Frauen, bei Männern schon – BVB enttäuscht
Kein Meister bei den Frauen, bei Männern schon – BVB enttäuscht
Eine Sportart, zwei unterschiedliche Entscheidungen: In der Handball Bundesliga Frauen hätte Dortmund in dieser Saison Meister werden können. Doch nach dem Abbruch aufgrund der Corona-Pandemie beschloss die Liga, dass es diesmal keinen Meister geben werde. Anders in der Liga der Männer. Zwar war die Situation dort beinahe identisch, doch wurde der THW Kiel zum Meister erklärt. Das sorgt für Unverständnis.
Mit Fassungslosigkeit reagierten Verantwortliche und Spielerinnen bei Borussia Dortmund auf die Entscheidung im deutschen Handball, bei den Herren einen Deutschen Meister auszurufen, bei den Damen aber nicht. In beiden Bundesligen ist die Saison aufgrund der Corona-Krise vorzeitig beendet worden, in beiden Ligen hatte es ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen dem Tabellenersten und dem -Zweiten gegeben, in beiden Ligen waren noch acht Spieltage zu absolvieren. „Diese Ungleichbehandlung zwischen Frauen und Männern ist ein Skandal“, sagt Abteilungsleiter Andreas Heiermann, so schreibt es der BVB auf Facebook. Weiter heßt es dort: „Dass es bei den Männern einen Meister gibt und bei den Damen nicht, hat schon die Anzeichen einer Diskriminierung“, kommentierte BVB-Präsident Dr. Reinhard Rauball die Entscheidung und sprach seinen „Dank an die Spielerinnen, den Trainer und die Abteilungs-Verantwortlichen für eine tolle Saison“ aus, die „leider nicht mit einem Titel gekrönt“ worden sei. „In bleibender Erinnerung behalten wir die großartige sportliche Performance.“
Ähnliche Situation bei den Männern, anderer Ausgang
Wie auch auf Sportfrauen berichtet, gab die Liga am Dienstag bekannt, wie die Saison nach dem Abbruch am 18. März gewertet werden sollte. Dort hieß es, dass es in den Ligen der Handball Bundesliga Frauen keinen Meister geben wird. Auch wird niemand absteigen, dafür können zwei Teams der 2. Bundesliga aufsteigen. Dortmunds Handball-Damen führten die Tabelle nach 18 von 26 Spieltagen mit 34:2 Punkten vor Titelverteidiger SG BBM Bietigheim (33:3) an. 17 Siege hatten die BVB-Damen auf dem Konto. Ähnlich eng ging es in der Tabelle der Herren zu: Dort lag der THW Kiel mit 44:8 Zählern vor der SG Flensburg-Handewitt (42:12). In beiden Ligen hätte der Tabellenzweite den Tabellenführer noch in eigener Halle empfangen.
Warum keine einheitliche Entscheidung?
Zur Ermittlung der Tabellenplatzierungen wurde die Abbruchtabelle unter zu Hilfenahme der Quotientenregelung (Pluspunkte geteilt durch Anzahl der Spiele mal 100) herangezogen. Mit nur einem Unterschied: Bei den Herren wurde der Tabellenerste, also der THW Kiel, Meister. Bei den Frauen geht Dortmund leer aus. Im Interview mit Sportfrauen sagte BVB-Kapitänin Alina Grijseels bereits zuvor, wie sich das für die Spielerinnen anfühlt: "Wir sind der aktuelle Tabellenführer und haben die Chance, erstmalig in der Vereinsgeschichte des BVB Deutscher Handball Meister zu werden. Und dann ist von jetzt auf gleich alles vorbei."
Wie es zu solch unterschiedlichen Entscheidungen kommen kann, scheint auf den ersten Blick wenig verständlich. Doch: Die HBF und die Handball Bundesliga (HBL) der Männer agieren vollkommen getrennt voneinander. Der Deutsche Handballbund hat mit der Meisterfrage der beiden Ligen nichts zu tun gehabt. Die Entscheidung, keinen Meister in der HBF zu nennen, begründt der Vorstandsvorsitzende Andreas Thiel so: "Bei Abbruch war noch ein Drittel der Saison zu spielen und das direkte Duell zwischen dem Zweitplatzierten SG BBM Bietigheim und Tabellenführer Borussia Dortmund stand bei nur einem Punkt Differenz in Bietigheim noch aus. Das Rennen um die Meisterschaft war insofern noch völlig offen und aus Sicht der HBF sollte in so einem Fall auch kein Meistertitel vergeben werden. Jede Liga muss hier für ihren Bereich letztendlich eigenständig entscheiden." Man habe sich die Entscheidung nicht leicht gemacht, heißt es seitens der Liga.
BVB-Spielerinnen schockiert über Entscheidung
Als nun die Entscheidung klar war, dass bei Männern und Frauen unterschiedlich gewertet würde, sorgte das in den BVB-Reihen für einen Schock. Im Facebook-Post der Mannschaft sagt die holländische Nationalspielerin und Weltmeisterin Kelly Dulfer: „Ich finde es sehr komisch, dass es einen Unterschied gibt zwischen der Männer- und der Frauen-Liga. Bei den Männern gibt es einen Meister, bei uns nicht. Das ist einfach unfair! Wir haben eine gute Saison gespielt, und ich glaube, wir hätten es verdient gehabt, den Meistertitel zu bekommen.“
Bartels fürchtet Imageverlust für deutschen Frauenhandball
Der Verein nimmt die Entscheidung sportlich. "Wir werden keine Rechtsmittel einlegen oder juristische Schritte einleiten das hätte man aus unserer Sicht bereits im Vorfeld gemeinsam sportlich entscheiden sollen. Jetzt eine unsportliche Verbandsentscheidung im Nachgang revidieren zu wollen ist nicht unser Stil", sagt Vorstandsmitglied Andreas Bartels auf Anfrage von Sportfrauen. In die Entscheidung einbezogen wurden die Vereine der Handball Bundesliga Frauen jedoch von Beginn an nicht. Lediglich in einer Telefonkonferenz wurde die Entscheidung der HBF den Bundesligisten mitgeteilt. Bartels sagt: "Das gesamte Team und natürlich auch ich sind herbe Enttäuscht ob dieser Entscheidung wir empfinden es als Ungleichbehandlung im deutschen Handballsport. Die Arbeit und die tolle Leistung der bisherigen Saison unseres Teams wird hier absolut nicht würdig gewertet. Ich denke das wird nachhaltig einen Imageverlust für den deutschen Frauenhandball bedeuten."
Wenigstens eine Sache ging für die BVB Handball Damen letztlich positiv aus: Sie nehmen in der kommenden Saison erstmals in der Vereinsgeschichte an der EHF Champions League teil.
Erschienen in Coronavirus, Handball am 23. April 2020
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